
Publiziert: 26. April 2021
Zahlreiche Medien behaupteten in den letzten Wochen, hospitalisierte Corona-Patienten würden “aufgrund der britischen Virus-Variante zunehmend jünger”. Die Medien beriefen sich dabei auf offizielle Statistiken und auf Aussagen von Ärzten. Dennoch ist die Aussage nicht richtig.
Daten aus Großbritannien vom Dezember und Januar zeigten bereits, dass die britische Variante keinen Einfluss auf die Altersverteilung der Infektionen und Hospitalisierungen hat (siehe oben). Der Eindruck, dass das im deutschsprachigen Raum dennoch so wäre, beruht auf mehreren Faktoren.
Zunächst sind viele Personen über 70 Jahren inzwischen geimpft und dadurch vor Infektion und schwerer Erkrankung im Normalfall vorläufig gut geschützt. Die verbleibenden Corona-Patienten sind dadurch automatisch jünger. Zudem liegt die Seroprävalenz in der Schweiz und in Österreich erst bei etwa 25%, in Deutschland bei etwa 20%; die meisten Personen hatten mithin noch keine Corona-Infektion, was den scheinbaren Altersgruppen-Effekt noch verstärkt.
Einige Medien argumentieren indes, die Hospitalisierungen hätten auch in Bezug auf die Infektionszahlen zugenommen. Doch auch das ist ein Trugschluss, denn die Infektionszahlen sind nicht mehr direkt mit der zweiten Welle vergleichbar: Erstens hat aufgrund der geimpften Senioren die infizierbare Grundgesamtheit abgenommen, d.h. die Infektionsrate bei jüngeren Personen ist höher als die offizielle Tages-Inzidenz angibt. Und zweitens sind die PCR-Testzahlen aufgrund der für Milliarden eingekauften Schnell- und Selbsttests nicht mehr gleichermaßen aussagekräftig.
Fazit: Die “britische Variante” führt nicht zu mehr Hospitalisationen bei jüngeren Personen, auch wenn sich für einen Klinikarzt dieser Eindruck ergeben kann. Die britische BBC musste eine ähnliche Falschaussage vom Januar bereits zurücknehmen. Die britische Variante ist entgegen ursprünglicher Behauptungen auch nicht tödlicher, und auch ihr Verbreitungsvorteil hat sich bereits stark reduziert.
Eine weitere positive Nachricht kommt aus Australien: Im Fachjournal Lancet publizierte Daten zeigen, dass post-Covid-Effekte bei Kindern eher selten (8%), zumeist mild (leichter Husten und Müdigkeit), und relativ kurz (3 bis 8 Wochen) sind. Ein Drittel der Kinder zeigte gar keine Symptome.
Anmerkungen
Anzumerken ist, dass in einigen anderen Weltregionen, insbesondere in Lateinamerika, tatsächlich auch jüngere Personen stärker vom Coronavirus betroffen sind (unabhängig von der Variante); die Gründe hierfür (z.B. genetisch, immunologisch, metabolisch) sind derzeit noch unklar. Da Sars-CoV-2 ein neuartiges Virus ist, ist es zudem richtig, dass Fachleute die Virulenz neuer Varianten untersuchen. Allerdings sollte nicht jede neue Punktmutation zu panischen Schlagzeilen führen.