
Publiziert: Februar 2020
Zu den bemerkenswertesten Aspekten der Crypto-Affäre gehören gewisse Parallelen zum modernen Journalismus.
Denn die meisten Crypto-Mitarbeiter wussten tatsächlich nicht, dass sie Teil einer globalen Geheimdienstoperation waren. Manche wollten es auch nicht wissen. Andere ahnten es zwar, aber schwiegen, aus Angst vor Arbeitsplatzverlust – oder Schlimmerem.
Nur an der Spitze wussten einige wenige Bescheid, und wurden ziemlich reich damit.
Manipulierte Komponenten wurden – ähnlich Agenturmeldungen – vorgefertigt angeliefert und durften nicht mehr verändert werden. Einige arglose Mitarbeiter wollten die Algorithmen dennoch selbstständig verbessern und mussten, subtil, davon abgehalten werden.
In einem Fall warnte die NSA sogar vor der Einstellung einer Ingenieurin: diese sei »zu intelligent« und würde den Betrug durchschauen. Was sie dann auch tat.
Doch gerade weil die meisten Mitarbeiter den Betrug nicht durchschauten wirkte die Firma seriös und war die Operation während Jahrzehnten so erfolgreich.
»Crypto-Leaks«: CIA-Pressemitteilung statt Investigativjournalismus.
Die Fakten zur Schweizer Crypto AG – die von CIA und BND kontrolliert wurde und Hintertüren in ihre weltweit führenden Verschlüsselungsprodukte einbaute – sind schon seit 25 Jahren bekannt, siehe etwa Spiegel 1996.
Der aktuelle Wirbel beruht, wie so oft, nicht auf Investigativjournalismus, sondern auf einem »zugespielten« CIA-Bericht.
Von wem »zugespielt«? Von der CIA selbst natürlich. Warum? Weil die Operation inzwischen abgeschlossen ist, alle Spuren verwischt sind, und nun kontrolliert publiziert werden kann.
Kenner sehen denn auch auf den ersten Blick, dass die »Crypto-Leaks« mit Desinformation durchsetzt sind. Etwa wenn berichtet wird, dank Crypto habe der »libysche Anschlag« auf die Berliner Disco La Belle von 1986 »aufgeklärt« werden können.
Tatsächlich ist seit über 20 Jahren bekannt, dass La Belle eine israelische und amerikanische Geheimdienstoperation war, mit dem Ziel, Libyen bombardieren zu können. Die entschlüsselten »libyschen Funksprüche« waren eine israelische Fälschung.
»Crypto-Leaks«? Mit besten Grüßen von der CIA.